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krasni sucht

Auf einer Reise nach New York, vom Jetlag noch spät durch die Straßen getrieben, stieß ich in Brooklyn auf eine Kiste mit Gerümpel.

Es war Herbst und schon dunkel als ich in diese Straße bog mit alten Brownstones und sah, wie der Pappkarton auf die Straße geschoben wurde. So, wie man manchmal Kisten raus stellt mit Sachen, die zu Schade sind für den Müll. Alte Bücher, Platten, sowas.

Ich war neugierig und ging hinüber.  Es waren tatsächlich ein paar Bücher drin, eine Büste von Napoleon und eine von Mussolini, und ein paar vorzeitliche Musikkassetten von der Sorte, die man selber bespielt. Mixtapes – dachte ich und griff sofort nach einer. Da hörte ich eine Bewegung.

„Nimm mit was du willst, ist alles Müll.“ kam eine Stimme aus dem Dunkel der Treppe, die ins Souterrain führte. Die Stimme klang jung, frech. Ich schaute hoch.

Im Halbschatten stand ein Mädchen mit spitzen Haaren und Punk-Outift, die aussah, als sei sie direkt aus den 80ern hierher gekrochen, um diese Kiste abzustellen. Die Klamotten waren schwarz, die Haut bleich und die Haare hätten bei Tageslicht wahrscheinlich grün geleuchtet. Aber im Halbschatten der Laterne sind alle Haare grau.

„Auch die Kassetten?“ fragte ich.

Sie zögerte einen Moment, sagte dann „auch die Kassetten“ und verschwand nach unten ins Souterrain.

Insgesamt fand ich sechs Kassetten in dem Pappkarton. Ich nahm sie alle mit.

Angehört habe ich sie erst zu Hause. In Zeiten von iTunes und Spotify schleppt man ja keinen Walkman mehr mit sich rum. 

Ich glaube, sie anzuhören war ein Fehler. Und ich glaube, es ist besser, wenn alle davon wissen. Deswegen habe ich die alten Kassetten, die manchmal schon klangen wie ein Anruf von der anderen Seite, transkribiert.

Hier ist die erste. Ich hab sie „er nannte mich Krasni“ betitelt. Ihr werdet schon sehen, warum. 

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